25. Kapitel (ohne Kitzeln)
„Zwischen Wollen und Können gibt es einen Unterschied“, antwortete Gerhard und stieß die zitternde Solveig zurück: „Hol mein Schwert, sofort!“ Dann trat er vor das Zelt. „Dürfte ich erfahren, was hier eigentlich los ist“, fuhr er die beiden Ritter an. Hugo von Hessen machte beim urplötzlichen Anblick des wütenden Gerhard unwillkürlich einen Schritt zurück. Nicht so Gottlieb von Sponheim. „Es handelt sich um Eure Zofe, die nicht weiß, wie sie sich gegenüber Edelleuten zu verhalten hat und die es gewagt hat, die Hand gegen mich zu erheben“, bellte er zurück. „Das werde ich nicht dulden, liefert sie mir sofort aus!“
Gerhard maß von Sponheim mit einem abschätzenden Blick, von Hessen ignorierte er völlig. Obwohl er Solveigs spontane Unbotsmäßigkeit kannte, war er sich sicher, dass sie von Sponheim kaum ohne einen guten Grund angegriffen hatte. Aber wie auch immer, er wusste, dass das keine Rolle spielte und das Mädchen tatsächlich in höchster Gefahr schwebte. Also zwang er sich zu einem etwas weniger scharfen Ton. „Ihr habt Recht, so etwas kann nicht geduldet werden. Aber meine Dienstboten unterstehen allein meiner Gerichtsbarkeit, auch wenn wir uns in Mainz befinden. Ausliefern werde ich niemanden. Hingegen sichere ich Euch hiermit zu, dass ich diesen Vorfall nicht auf sich beruhen lasse.“
In diesem Augenblick erschien eine atemlose Solveig mit Gerhards Schwert. „Da ist ja diese kleine Nutte“, gröhlte von Sponheim und fügte an Gerhard gewandt hinzu: „Es geht um meine Ehre. Ich werde das hier und sofort regeln, Ihr solltet Euch besser nicht weiter in meinen Weg stellen!“ Diesem war bei der Beleidigung Solveigs das Blut ins Gesicht geschossen. Mit einer halben Körperdrehung ergriff Gerhard sein Schwert und wandte sich dann wieder von Sponheim zu. „Ihr regelt hier gar nichts. Wenn Euch mein Wort nicht genügt, so betrachte ich das als eine persönliche Beleidigung, für die ich sofortige Satisfaktion fordere!“
„Die könnt Ihr haben“, zischte von Sponheim und trat zurück, um seinerseits das Schwert ziehen zu können. Dabei stieß er gegen Hugo von Hessen, der zu Boden stolperte. Der laute Wortwechsel hatte mittlerweile ein gutes Dutzend Leute aus den nahe stehenden Zelten angelockt. Dienstboten zumeist, aber auch zwei Ritter, die noch bis vor kurzem Gerhards Turniersieg mitgefeiert hatten. Einer von ihnen half dem vor Trunkenheit taumelnden von Hessen auf die Füsse, der andere versuchte zu vermitteln: „Lasst ab, meine Herren. Es ist spät, wir haben alle viel Wein genossen, morgen und mit kühlem Kopf stellen sich die Dinge vielleicht ganz anders dar. Außerdem hat der Kurfürst jedes Duell außerhalb des Turnierplatzes verboten.“
„Das galt nur für die Dauer des Tuniers“, entgegnete von Sponheim und hob sein Schwert über den Kopf. Doch als der wuchtige Schlag hinabsauste, ging er ins Leere. Gerhard war einfach zur Seite getreten, während der Kreis der Zuschauer sich rasch auseinanderzog. „Die heutige Lektion ist wohl nicht angeschlagen“, verspottete er seinen Gegner. Die folgenden zwei Minuten brachten den zunehmend tapsig wirkenden Hünen von Sponheim beinahe zur Verzweiflung. Ein Loch nach dem anderen hieb er in die Luft, nie kam die Klinge seines Schwerts dem geschmeidig ausweichenden Gegner auch nur nahe.
Gerhard seinerseits überlegte fieberhaft, wie er diese höchst gefährliche Situation entschärfen könnte. Beide Ritter trugen weder Rüstung noch Schild, von Gerhards nacktem Oberkörper ganz zu schweigen. Jeder nicht oder schlecht parierte Schwertstoß musste zwangsläufig zu schweren Verletzungen führen. Dass er das Opfer sein könnte, war allerdings ein Gedanke, der Gerhard nicht einmal streifte. Andererseits würde aus dem, was bislang ein zwar höchst unangenehmer Zwischenfall war, ein Skandal, wenn von Sponheim schwer verwundet wurde. Mit unabsehbaren, beziehungsweise sehr genau absehbaren Folgen für Solveig. Als Grund für das Duell würde sie in Mainz bleiben müssen, der von Eppsteinschen Zuständigkeit entzogen und vor ein Gericht gestellt. Mit Milde konnte sie nicht rechnen.
Gerhard begann jetzt, die Hiebe von Sponheims zu parieren. Selber aber führte er keine. Statt dessen tat er so, als würden ihn die Attacken zum Zurückweichen zwingen. Sein Gegner witterte Morgenluft und drang noch ungestürmter auf Gerhard ein. Einem besonders wuchtig geführten Schlag wich der junge Graf auf einmal wieder mit einer blitzschnellen Seitwärtsbewegung nach links aus. Sein rechtes Bein aber ließ er stehen, so dass sein nach vorne stolpernder Widersacher schwer zu Boden schlug. Noch bevor von Sponheim sich wieder aufrappeln konnte, schmetterte Gerhard ihm seinen Schwertknauf in den Nacken. Der Hüne gab nur noch ein Grunzen von sich, bevor seine Gestalt erschlaffte.
Ein Raunen ging durch das Publikum. Einer der Ritter trat hinzu und konstatierte, dass von Sponheim nur ohnmächtig, aber vollkommen kampfunfähig war. „Das Duell ist entschieden“, erklärte er laut und setzte dann leiser zu Gerhard gewandt hinzu: „Ich sorge dafür, dass von Sponheim nach Hause gebracht wird. Aber ich hoffe, Ihr wollt nicht noch länger in Mainz bleiben. Ihr habt ihn nicht nur ein zweites Mal besiegt, sondern gedemütigt. Das kann kaum gut gehen.“
„Ich danke Euch“, nickte Gerhard, „wir wollten ohnehin im Morgengrauen aufbrechen.“ Die Stimme erhebend fügte er hinzu: „So, die Vorstellung ist zu Ende. Geht schlafen.“ Im nächsten Augenblick war Gerhard in seinem Zelt verschwunden. „Das gilt auch für euch“, fuhr er den Knappen und die beiden Mägde an. „Bei Morgengrauen muss der Karren beladen werden, ich und Solveig reiten dann sofort los.“ Als Solveig zu einer Erklärung ansetzen wollte, schnitt er ihr das Wort ab. „Meine Vorstellungskraft reicht sehr wohl aus, um zu ahnen, was da eben los war. Trotzdem hättest du einfach um Hilfe rufen sollen, dann hätte ich diesem grobschlächtigen Klotz auf ganz andere Weise Manieren beigebracht. Es scheint ja ohnehin meine Hauptbeschäftigung zu werden, meine Zofe aus irgendwelchen haarsträubenden Schwierigkeiten befreien zu müssen“. Mit einem halb wütenden, halb verächtlichen Schnaufen verzog sich Gerhard auf sein Lager.
„Zwischen Wollen und Können gibt es einen Unterschied“, antwortete Gerhard und stieß die zitternde Solveig zurück: „Hol mein Schwert, sofort!“ Dann trat er vor das Zelt. „Dürfte ich erfahren, was hier eigentlich los ist“, fuhr er die beiden Ritter an. Hugo von Hessen machte beim urplötzlichen Anblick des wütenden Gerhard unwillkürlich einen Schritt zurück. Nicht so Gottlieb von Sponheim. „Es handelt sich um Eure Zofe, die nicht weiß, wie sie sich gegenüber Edelleuten zu verhalten hat und die es gewagt hat, die Hand gegen mich zu erheben“, bellte er zurück. „Das werde ich nicht dulden, liefert sie mir sofort aus!“
Gerhard maß von Sponheim mit einem abschätzenden Blick, von Hessen ignorierte er völlig. Obwohl er Solveigs spontane Unbotsmäßigkeit kannte, war er sich sicher, dass sie von Sponheim kaum ohne einen guten Grund angegriffen hatte. Aber wie auch immer, er wusste, dass das keine Rolle spielte und das Mädchen tatsächlich in höchster Gefahr schwebte. Also zwang er sich zu einem etwas weniger scharfen Ton. „Ihr habt Recht, so etwas kann nicht geduldet werden. Aber meine Dienstboten unterstehen allein meiner Gerichtsbarkeit, auch wenn wir uns in Mainz befinden. Ausliefern werde ich niemanden. Hingegen sichere ich Euch hiermit zu, dass ich diesen Vorfall nicht auf sich beruhen lasse.“
In diesem Augenblick erschien eine atemlose Solveig mit Gerhards Schwert. „Da ist ja diese kleine Nutte“, gröhlte von Sponheim und fügte an Gerhard gewandt hinzu: „Es geht um meine Ehre. Ich werde das hier und sofort regeln, Ihr solltet Euch besser nicht weiter in meinen Weg stellen!“ Diesem war bei der Beleidigung Solveigs das Blut ins Gesicht geschossen. Mit einer halben Körperdrehung ergriff Gerhard sein Schwert und wandte sich dann wieder von Sponheim zu. „Ihr regelt hier gar nichts. Wenn Euch mein Wort nicht genügt, so betrachte ich das als eine persönliche Beleidigung, für die ich sofortige Satisfaktion fordere!“
„Die könnt Ihr haben“, zischte von Sponheim und trat zurück, um seinerseits das Schwert ziehen zu können. Dabei stieß er gegen Hugo von Hessen, der zu Boden stolperte. Der laute Wortwechsel hatte mittlerweile ein gutes Dutzend Leute aus den nahe stehenden Zelten angelockt. Dienstboten zumeist, aber auch zwei Ritter, die noch bis vor kurzem Gerhards Turniersieg mitgefeiert hatten. Einer von ihnen half dem vor Trunkenheit taumelnden von Hessen auf die Füsse, der andere versuchte zu vermitteln: „Lasst ab, meine Herren. Es ist spät, wir haben alle viel Wein genossen, morgen und mit kühlem Kopf stellen sich die Dinge vielleicht ganz anders dar. Außerdem hat der Kurfürst jedes Duell außerhalb des Turnierplatzes verboten.“
„Das galt nur für die Dauer des Tuniers“, entgegnete von Sponheim und hob sein Schwert über den Kopf. Doch als der wuchtige Schlag hinabsauste, ging er ins Leere. Gerhard war einfach zur Seite getreten, während der Kreis der Zuschauer sich rasch auseinanderzog. „Die heutige Lektion ist wohl nicht angeschlagen“, verspottete er seinen Gegner. Die folgenden zwei Minuten brachten den zunehmend tapsig wirkenden Hünen von Sponheim beinahe zur Verzweiflung. Ein Loch nach dem anderen hieb er in die Luft, nie kam die Klinge seines Schwerts dem geschmeidig ausweichenden Gegner auch nur nahe.
Gerhard seinerseits überlegte fieberhaft, wie er diese höchst gefährliche Situation entschärfen könnte. Beide Ritter trugen weder Rüstung noch Schild, von Gerhards nacktem Oberkörper ganz zu schweigen. Jeder nicht oder schlecht parierte Schwertstoß musste zwangsläufig zu schweren Verletzungen führen. Dass er das Opfer sein könnte, war allerdings ein Gedanke, der Gerhard nicht einmal streifte. Andererseits würde aus dem, was bislang ein zwar höchst unangenehmer Zwischenfall war, ein Skandal, wenn von Sponheim schwer verwundet wurde. Mit unabsehbaren, beziehungsweise sehr genau absehbaren Folgen für Solveig. Als Grund für das Duell würde sie in Mainz bleiben müssen, der von Eppsteinschen Zuständigkeit entzogen und vor ein Gericht gestellt. Mit Milde konnte sie nicht rechnen.
Gerhard begann jetzt, die Hiebe von Sponheims zu parieren. Selber aber führte er keine. Statt dessen tat er so, als würden ihn die Attacken zum Zurückweichen zwingen. Sein Gegner witterte Morgenluft und drang noch ungestürmter auf Gerhard ein. Einem besonders wuchtig geführten Schlag wich der junge Graf auf einmal wieder mit einer blitzschnellen Seitwärtsbewegung nach links aus. Sein rechtes Bein aber ließ er stehen, so dass sein nach vorne stolpernder Widersacher schwer zu Boden schlug. Noch bevor von Sponheim sich wieder aufrappeln konnte, schmetterte Gerhard ihm seinen Schwertknauf in den Nacken. Der Hüne gab nur noch ein Grunzen von sich, bevor seine Gestalt erschlaffte.
Ein Raunen ging durch das Publikum. Einer der Ritter trat hinzu und konstatierte, dass von Sponheim nur ohnmächtig, aber vollkommen kampfunfähig war. „Das Duell ist entschieden“, erklärte er laut und setzte dann leiser zu Gerhard gewandt hinzu: „Ich sorge dafür, dass von Sponheim nach Hause gebracht wird. Aber ich hoffe, Ihr wollt nicht noch länger in Mainz bleiben. Ihr habt ihn nicht nur ein zweites Mal besiegt, sondern gedemütigt. Das kann kaum gut gehen.“
„Ich danke Euch“, nickte Gerhard, „wir wollten ohnehin im Morgengrauen aufbrechen.“ Die Stimme erhebend fügte er hinzu: „So, die Vorstellung ist zu Ende. Geht schlafen.“ Im nächsten Augenblick war Gerhard in seinem Zelt verschwunden. „Das gilt auch für euch“, fuhr er den Knappen und die beiden Mägde an. „Bei Morgengrauen muss der Karren beladen werden, ich und Solveig reiten dann sofort los.“ Als Solveig zu einer Erklärung ansetzen wollte, schnitt er ihr das Wort ab. „Meine Vorstellungskraft reicht sehr wohl aus, um zu ahnen, was da eben los war. Trotzdem hättest du einfach um Hilfe rufen sollen, dann hätte ich diesem grobschlächtigen Klotz auf ganz andere Weise Manieren beigebracht. Es scheint ja ohnehin meine Hauptbeschäftigung zu werden, meine Zofe aus irgendwelchen haarsträubenden Schwierigkeiten befreien zu müssen“. Mit einem halb wütenden, halb verächtlichen Schnaufen verzog sich Gerhard auf sein Lager.