40. Kapitel
Die Sonne senkte sich am Horizont zum Schlafen herab und es wurde im Wald schnell kuehl. Den ganzen Tag waren sie unermuedlich auf Wanderschaft gewesen und Thomas taten jetzt die Beine weh.
Anna hatte Blasen an den Fuessen, sie war hungrig und deutlich missgestimmt.
Stoehnend liess sich Thomas auf den Boden fallen, gleich da wo er stand. Erleichtert seufzte er auf, als die Last von seinen Beinen wich und streckte sich genuesslich. Anna sah sich unsicher um: "Willst du hier uebernachten? Glaubst du nicht, das koennte gefaehrlich sein?"
"Ich brauche zumindest eine kurze Pause, bevor wir uns einen Schlafplatz suchen!" erwiderte er. "Gute Idee!" befand Anna und setzte sich neben ihn. Todmuede lehnte sie ihren Kopf an seine Brust.
"War das ein Tag! So viel bin ich noch nie gelaufen!" murmelte er, waehrend er leicht froestelte. Ein Abendwind fuhr durch das Geaest und brachte frische Luft auf die beiden Wanderer.
Frierend ergriff Anna seine Arme und bugsierte sie um ihren Koerper.
Ihr warmer an ihn geschmiegter Koerper versetzte ihn in Erregung, aber Thomas zwang sich zur Beherrschung. Sie wuerden noch frueh genug zum Zuge kommen. Sein Blick schweifte umher und in einiger Ferne glaubte er, einen Felsvorsprung zu erkennen. Er stupste Anna leicht an und wies darauf: "Was haelst du davon?"
Sie nickte: "Besser als nichts!"
Thomas quaelte sich auf die Beine und half ihr ebenfalls hoch. Zusammen naeherten sie sich der Felsformation, die wie ein Buckel ueber den Waldboden ragte. Missbilligend verzog Thomas das Gesicht, als er ihre potentielles Lager genauer betrachtete. Besonders gemuetlich sah es nicht aus - im Vergleich dazu war die Scheune ein wares Schloss gewesen!
Aber es war wenigstens einigermassen windgeschuetzt und wuerde auch den groebsten Regen abhalten, sollte denn welcher kommen. "Ich mach es uns ein bisschen gemuetlich!" verkuendete Anna und schickte sich an, Moos herbeizuschaffen und damit den sandigen Boden unter dem Vorsprung abzudecken.
Er hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass sie den ganzen Tag gelaufen war und jetzt auch noch fuer ihrer beider Bequemlichkeit schuften musste. Er beeilte sich ihr zu helfen, riss Moospolster aus dem Boden und trug sie zu ihrer Schlafstaette.
Sie nahm sie ihm aus den Haenden: "Ruh dich aus, Thomas! Das ist Frauenarbeit!"
Dankbar laechelte er und legte sich hin, schloss die Augen. Das Rauschen des Windes in den Blaettern war ein beruhigendes Geraeusch.
Anna machte es Spass, ein wenig fuer ihn zu sorgen. Sie fuehlte sich jede Sekunde mehr wie seine Frau. Schliesslich kam ihr das Moospolster dick genug vor, und seufzend liess sie sich zu ihm auf das ueberraschend weiche Lager sinken.
Liebevoll legte er seinen Arm um sie, und seine Gedanken kreisten um die Frage, die er ihr bald stellen wuerde. Er wollte die perfekte Gelegenheit abwarten, sie total ueberraschen.
Anna war so erschoepft, dass sie innerhalb weniger Minuten in seiner Umarmung eingeschlafen war. Er merkte es an ihrem ruhigen, gleichmaessigen Atem.
Bald forderte die Erschoepfung auch bei ihm ihren Tribut und mit ihrem Bild vor Augen versank er in einen traumlosen tiefen Schlaf.
****
Am dritten Tag ihrer Reise hatten sie richtiges Glueck. Sie stiessen auf ein kleines Haus im Wald, das zwar seit einiger Zeit verlassen, aber noch komplett eingerichtet und gemuetlich war. Dazu lag es an einem wunderschoenen kleinen Waldsee. Vermutlich gehoerte es irgendeinem Jaeger. Die Tuer war verschlossen, aber der Schluessel lag unter einem losen Stein der Mauerung, und so konnten die beiden problemlos hinein. Anna war begeistert.
Thomas hatte ein ungutes Gefuehl dabei. Was, wenn der Besitzer unvermittelt vor der Tuer stand? Aber die Aussicht auf ein weiches Bett und womoeglich etwas richtiges zu essen war einfach zu verlockend.
In der Speisekammer fand sich doch tatsaechlich geraeuchertes Fleisch und alles, was man brauchte, um Brot zu backen. Mit Feuereifer und knurrendem Magen machte Anna sich sofort an die Arbeit.
Ihre Vorraete waren beinahe auf Null zusammengeschmolzen und sie hatten den Guertel immer enger schnallen muessen. Der Gedanke an Fleisch und frisches Brot liess Thomas das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Schuldgefuehle wichen alsbald einer Euphorie, als er das Haeuschen durchforstete und nicht nur einen Feuerstein, sondern auch einen Bogen samt voll bestuecktem Koecher fand.
Anna, ueber und ueber mit Mehl bestaeubt und auf dem Kuechentisch Teig knetend, strahlte ihn an: "Das ist wie ein Geschenk Gottes! Allerdings muessen wir irgendetwas als Gegenleistung hier lassen, bevor wir weiterziehen!"
"Ich kann ja dich als Gegenleistung hierlassen!" lachte Thomas.
Anna schob die Unterlippe vor und ueberlegte: "Hm, vielleicht ist der Besitzer ja ein grosser starker Jaeger, der einfach umwerfend aussieht!"
Er zog eine Miene: "Das wuerde dir wohl so passen! Na warte!" und ehe sie es sich versah, hatte er sie an den Hueften gepackt und kitzelte sie ordentlich durch.
Anna kreischte und lachte und wand sich hin und her. "Hoer auf, hoer auf, es war doch nur ein Scherz!"
Widerwillig liess er von ihr ab, denn er wollte zum einen nicht seinen Vorsatz verletzen, und zum anderen sie nicht daran hindern, ein leckeres Essen zuzubereiten, nach dem ihnen beiden geluestete.
Anna war fast ein bisschen enttaeuscht. Seit sie fortgegangen waren, hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen, und sie sehnte sich nach ihm. Aber vorerst meldete sich ihr Magen mit lautem Knurren. Also kehrte sie zu ihrem Brot zurueck.
"Kann ich dir etwas helfen?" fragte er, und konnte trotz immenser Bemuehung den Blick nicht von der Anna abwenden. Kokett zwinkerte sie ihm zu und beugte sich ein wenig nach vorn, damit er ihr in die Bluse sehen konnte: „Mal sehen...nach dem Essen kannst du mir vielleicht wirklich sehr helfen!“
Thomas wurde ganz rot. Er hatte damit gerechnet, eher frueher als spaeter mit dieser Situation konfrontiert zu werden, und dass sie ein perfektes Liebesnest gefunden hatten, machte es unglaublich schwer. Verlegen wandte er sich ab und sah sich in ihrem neuen Versteck weiter um.
„Du koenntest dich aber tatsaechlich nuetzlich machen!“ rief seine Gefaehrtin ploetzlich eifrig, „Der Backofen steht draussen neben dem Haus, und unter dem koenntest du ein Feuer machen, sonst koennen wir den Teig roh essen!“
Er begab sich sogleich ins Freie, froh eine Aufgabe zu haben, die ihn ablenkte. An der Wand stapelten sich die Holzscheite, die der Inhaber des Hauses vorausschauend schon fuer den Winter gesammelt hatte. Thomas griff sich ein paar davon und stopfte sie in den Ofen. In einer kleinen Kiste, die mit Pech angestrichen war um den Regen abzuweisen, fand er trockenes Reisig, das zum Anfeuern diente. Es brauchte ein paar Versuche, bis endlich eine kleine Flamme loderte, die schnell groesser wurde.
Anna kam mit ihrem Brot aus dem Haus. Sie war immer noch voller Mehl und sah entzueckend aus. "Brennt das Feuer schon?" fragte sie froehlich und strich dann mit voller Absicht mit ihrem Koerper gegen seinen, verlieh der Bemerkung damit eine eindeutig zweideutige Note.
Ihm wurde heiss, und das nicht vom Feuer. Unter Raeuspern nahm er das Brot entgegen: "Ja, das tut es schon. Mein Gott habe ich einen Hunger! Ich werde mich aber vor dem Essen erstmal waschen!" Er legte den Laib in den Ofen und stob mit der Frage, ob sie bitte darauf aufpassen koenne, in Richtung See davon.
Anna sah seinem Abgang grinsend nach. "Gute Idee!" rief sie dann und lief ihn hinterher.
Hinter sich sah er Anna und dass sie ihn verfolgte. Oh weh! Wie schuettele ich sie nur ab, ohne sie vor den Kopf zu stossen?! dachte Thomas verzweifelt. Er hatte den Rand des Sees erreicht und kniete am Wasser nieder.
Unternehmungslustig kam Anna ihm hinterher: "Gehen wir schwimmen?"
Er tat extra so, als ueberlegte er lange und intensiv, dann meinte er: "Ich habe im Moment keine Lust dazu. Ausserdem ist mir das Wasser viel zu kalt!"
"Ach bist du langweilig!" Anna tauchte einen Fuss hinein und schuettelte den Kopf: "Du bist ja verrueckt, das Wasser ist wunderbar!" Sprachs und zog sich schon splitternackt aus.
Die Regung in seiner Hose kam so schnell wie er es gewohnt war, und er stoehnte kaum hoerbar auf. Wenn das noch lange so weiterging, wuerde er wie immer schwach werden.
"Komm doch bitte mit ins Wasser!" schmollte Anna, schlang die Arme um ihn und presste sich gegen ihn. Dabei tat sie so, als merke sie ueberhaupt nicht, dass sie keine Kleidung trug.
Thomas legte den Kopf nach hinten und seufzte, diesmal lauter. Dann entwand er sich ihrer Umarmung: "Ich gehe mal nach dem Brot schauen, nicht dass das noch verbrennt!"
Irritiert und ein wenig veraengstigt sah Anna ihm nach. Er machte fast den Eindruck, als ginge sie ihm auf die Nerven. Ob er mich jetzt doch nicht mehr haben will, eben weil er es kann? dachte sie furchtsam.
Aber das Gegenteil war der Fall! Jede Faser in seinem Koerper schrie auf, als er sich von ihr entfernte. Er fragte sich, ob es das wert war. Beinahe sekuendlich kamen die Zweifel und damit die Versuchung, kehrt zu machen und sich im Wasser auf seine geliebte Anna zu stuerzen. Das Backen verschaffte ihm nur einen Teil der benoetigten Ablenkung. Beinahe haette er sich die Finger verbrannt, weil er mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache war.
Anna wusch sich derweil im See, aber sie machte es kurz, weil sie wieder in Thomas’ Naehe sein wollte. Ihr Haar war noch nass, als sie zurueck zum Haus kam.
"Ich glaube, das Brot ist fertig!" stellte er erfreut fest und nickte ihr nur freundlich zu, machte keine Geste, sie zu beruehren.
Sie bekam es langsam wirklich mit der Angst zu tun. Warum war er nur so zurueckhaltend? "Lass mich mal sehen!" Sie schob ihn vom Ofen weg und warf einen pruefenden Blick hinein. "Ja, sieht gut aus!"
Vorsichtig benutzte er einen Schieber um das koestlich duftende Ding herauszuholen und trug es ins Haus. Er platzierte den Brotlaib auf dem Tisch und holte ein grosses Stueck Rauchfleisch dazu, das er mit dem Messer teilte: "Wollen wir draussen essen?" Er hatte keine grosse Lust, den Tisch zu decken und nachher abzuspuelen.
Anna nickte: "Ja, das klingt wunderbar!" Sie kramte noch in der Speisekammer, foerderte Kaese und sogar Wein zu Tage.
Thomas fand ein kleines Holztablett, das er Anna hinhielt, damit sie die Speisen drauflegte. Er wusste genau, dass er ueber sie herfallen wuerde, wenn er ihr in die Augen sah, also liess er es gleich bleiben und blickte stumm umher.
Sie wurde immer nervoeser, wusste einfach nicht, was los war. Vielleicht bereute er es schon, ihretwegen die gesicherte Zukunft aufgegeben zu haben, und plante, einfach zu seinem Vater zurueckzukehren und sie ihrem Schicksal zu ueberlassen.
Sie setzten sich draussen schweigend auf den Boden und begannen ihr Mahl. Die Stimmung war bedrueckt, weil er durch seinen Plan eine Distanz zwischen beiden geschaffen hatte, die keiner wollte. Und dann schielte er doch zu ihr, und seine Entschlossenheit broeckelte wie eine verfallene alte Mauer.
Anna schleckte sich gerade Fett vom Fleisch von den Fingern, und sie tat es sehr ausgiebig.
Die Erinnerungen an das, was sie mit ihrem Mund anstellen konnte, liessen den Wall nur noch schneller einstuerzen. Ich tu es fuer uns! wiederholte er immer wieder mantramaessig, aber langsam musste er einsehen, dass damit weder ihm noch Anna gedient war.
Sie bemerkte, dass er sie ansah, und laechelte ihm zu. Dann zeigte sie auf ihren Mundwinkel: "Du hast da was!"
Verwundert fragte er: "So? Wo hab ich was?"
"Da!" Sie beugte sich zu ihm vor, leckte kurz ueber seine Lippen, und gab ihm dann einen sengend heissen Kuss.
Oh wie schmolz er dahin wie Butter in der Sonne! Der Geschmack ihrer Lippen kam einem Festmahl gleich, und nur mit aesserster Disziplin wich er ihr kichernd aus: "Nicht doch, ich esse gerade!"
"Ich auch!" knurrte sie und sprang dann ploetzlich auf ihn wie eine Katze, stiess ihn nach hinten und zu Boden.
Ihm blutete das Herz, als er sie von sich wegdrueckte: "Nicht...ich...kann nicht..."
Ihm blutete das Herz, als er sie von sich wegdrueckte: "Nicht...ich...kann nicht..."
Anna war vollkommen verstoert. Sie kaempfte mit den Traenen: "Thomas...was ist denn...hab ich was falsch gemacht?"
"Es liegt nicht an dir!" bemuehte er sich sie zu ueberzeugen. "Ich...bin einfach noch nicht bereit..." Als er sich selbst hoerte, erkannte er, wie wenig Sinn das fuer sie machen musste.
"Na das faellt dir aber sehr ploetzlich ein!" stellte sie mutlos fest. Man sah ihr an, dass sie ihm nicht glaubte.
Nichts erwidernd, kaute er lustlos auf seiner Scheibe Brot. Wie konnte er es ihr nur verstaendlich machen, ohne etwas zu verraten? Es erschien aussichtslos!
Sie wischte sich die Haende ab und musterte ihn mit waidwundem Blick.
"Gehen wir besser rein, es wird langsam kuehl! Ich werde den Kamin anmachen." schlug er vor und stand schon auf.
Anna nickte und sammelte die Reste des Mahls ein.
Thomas ging um die Ecke und stand, mit einer Hand an der Wand abgestuetzt, neben den Scheiten. Unmoeglich, dass er noch laenger aushielt und er fragte sich, was schlimmer war: Nicht zaertlich zu ihr sein zu koennen, oder die Enttaeuschung auf ihrem Gesicht ablesen zu muessen. Mit mehreren Stuecken Holz unter dem Arm kehrte er nach drinnen zurueck.
Sie verstaute gerade die restlichen Speisen in der Kammer und drehte ihm kurz den Kopf zu, als er eintrat. Aber sie sagte nichts.
Seufzend begann er, am Kamin zu werkeln und hatte schneller als vorhin ein gemuetliches Feuerchen entfacht. Dann streckte er sich auf dem weichen Baerenfell aus und schloss die Augen.
Anna beschloss, nun zum Frontalangriff ueberzugehen. Wenn das nicht funktionierte, dann gar nichts! Sie setzte sich neben ihn und strich ihm zart durchs Haar, fragte mit weinerlicher Stimme: "Hast du mich nicht mehr lieb?"
Es schmerzte ihn wahrscheinlich genausosehr, die Worte zu hoeren, wie Anna, die sie aussprach. Thomas richtete sich auf und sah ihr voller Liebe in die gruenen Augen: "Ich liebe dich mehr als mein eigenes Leben!"
"Warum bist du dann so abweisend?" Sie schob die Unterlippe vor und machte grosse Welpenaugen.
"Weil ich warten wollte, bis..." fluesterte er, und statt den Satz zu vollenden, ging er vor ihr auf die Knie und ergriff sanft ihre Hand. Das Feuer knisterte im Hintergrund, doch nicht so sehr wie in seinem Herzen, als er mit feierlicher Stimme die Frage stellte, die ihm seit so langer Zeit auf den Lippen brannte: "Anna, willst du mich heiraten?"
Die Sonne senkte sich am Horizont zum Schlafen herab und es wurde im Wald schnell kuehl. Den ganzen Tag waren sie unermuedlich auf Wanderschaft gewesen und Thomas taten jetzt die Beine weh.
Anna hatte Blasen an den Fuessen, sie war hungrig und deutlich missgestimmt.
Stoehnend liess sich Thomas auf den Boden fallen, gleich da wo er stand. Erleichtert seufzte er auf, als die Last von seinen Beinen wich und streckte sich genuesslich. Anna sah sich unsicher um: "Willst du hier uebernachten? Glaubst du nicht, das koennte gefaehrlich sein?"
"Ich brauche zumindest eine kurze Pause, bevor wir uns einen Schlafplatz suchen!" erwiderte er. "Gute Idee!" befand Anna und setzte sich neben ihn. Todmuede lehnte sie ihren Kopf an seine Brust.
"War das ein Tag! So viel bin ich noch nie gelaufen!" murmelte er, waehrend er leicht froestelte. Ein Abendwind fuhr durch das Geaest und brachte frische Luft auf die beiden Wanderer.
Frierend ergriff Anna seine Arme und bugsierte sie um ihren Koerper.
Ihr warmer an ihn geschmiegter Koerper versetzte ihn in Erregung, aber Thomas zwang sich zur Beherrschung. Sie wuerden noch frueh genug zum Zuge kommen. Sein Blick schweifte umher und in einiger Ferne glaubte er, einen Felsvorsprung zu erkennen. Er stupste Anna leicht an und wies darauf: "Was haelst du davon?"
Sie nickte: "Besser als nichts!"
Thomas quaelte sich auf die Beine und half ihr ebenfalls hoch. Zusammen naeherten sie sich der Felsformation, die wie ein Buckel ueber den Waldboden ragte. Missbilligend verzog Thomas das Gesicht, als er ihre potentielles Lager genauer betrachtete. Besonders gemuetlich sah es nicht aus - im Vergleich dazu war die Scheune ein wares Schloss gewesen!
Aber es war wenigstens einigermassen windgeschuetzt und wuerde auch den groebsten Regen abhalten, sollte denn welcher kommen. "Ich mach es uns ein bisschen gemuetlich!" verkuendete Anna und schickte sich an, Moos herbeizuschaffen und damit den sandigen Boden unter dem Vorsprung abzudecken.
Er hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass sie den ganzen Tag gelaufen war und jetzt auch noch fuer ihrer beider Bequemlichkeit schuften musste. Er beeilte sich ihr zu helfen, riss Moospolster aus dem Boden und trug sie zu ihrer Schlafstaette.
Sie nahm sie ihm aus den Haenden: "Ruh dich aus, Thomas! Das ist Frauenarbeit!"
Dankbar laechelte er und legte sich hin, schloss die Augen. Das Rauschen des Windes in den Blaettern war ein beruhigendes Geraeusch.
Anna machte es Spass, ein wenig fuer ihn zu sorgen. Sie fuehlte sich jede Sekunde mehr wie seine Frau. Schliesslich kam ihr das Moospolster dick genug vor, und seufzend liess sie sich zu ihm auf das ueberraschend weiche Lager sinken.
Liebevoll legte er seinen Arm um sie, und seine Gedanken kreisten um die Frage, die er ihr bald stellen wuerde. Er wollte die perfekte Gelegenheit abwarten, sie total ueberraschen.
Anna war so erschoepft, dass sie innerhalb weniger Minuten in seiner Umarmung eingeschlafen war. Er merkte es an ihrem ruhigen, gleichmaessigen Atem.
Bald forderte die Erschoepfung auch bei ihm ihren Tribut und mit ihrem Bild vor Augen versank er in einen traumlosen tiefen Schlaf.
****
Am dritten Tag ihrer Reise hatten sie richtiges Glueck. Sie stiessen auf ein kleines Haus im Wald, das zwar seit einiger Zeit verlassen, aber noch komplett eingerichtet und gemuetlich war. Dazu lag es an einem wunderschoenen kleinen Waldsee. Vermutlich gehoerte es irgendeinem Jaeger. Die Tuer war verschlossen, aber der Schluessel lag unter einem losen Stein der Mauerung, und so konnten die beiden problemlos hinein. Anna war begeistert.
Thomas hatte ein ungutes Gefuehl dabei. Was, wenn der Besitzer unvermittelt vor der Tuer stand? Aber die Aussicht auf ein weiches Bett und womoeglich etwas richtiges zu essen war einfach zu verlockend.
In der Speisekammer fand sich doch tatsaechlich geraeuchertes Fleisch und alles, was man brauchte, um Brot zu backen. Mit Feuereifer und knurrendem Magen machte Anna sich sofort an die Arbeit.
Ihre Vorraete waren beinahe auf Null zusammengeschmolzen und sie hatten den Guertel immer enger schnallen muessen. Der Gedanke an Fleisch und frisches Brot liess Thomas das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Schuldgefuehle wichen alsbald einer Euphorie, als er das Haeuschen durchforstete und nicht nur einen Feuerstein, sondern auch einen Bogen samt voll bestuecktem Koecher fand.
Anna, ueber und ueber mit Mehl bestaeubt und auf dem Kuechentisch Teig knetend, strahlte ihn an: "Das ist wie ein Geschenk Gottes! Allerdings muessen wir irgendetwas als Gegenleistung hier lassen, bevor wir weiterziehen!"
"Ich kann ja dich als Gegenleistung hierlassen!" lachte Thomas.
Anna schob die Unterlippe vor und ueberlegte: "Hm, vielleicht ist der Besitzer ja ein grosser starker Jaeger, der einfach umwerfend aussieht!"
Er zog eine Miene: "Das wuerde dir wohl so passen! Na warte!" und ehe sie es sich versah, hatte er sie an den Hueften gepackt und kitzelte sie ordentlich durch.
Anna kreischte und lachte und wand sich hin und her. "Hoer auf, hoer auf, es war doch nur ein Scherz!"
Widerwillig liess er von ihr ab, denn er wollte zum einen nicht seinen Vorsatz verletzen, und zum anderen sie nicht daran hindern, ein leckeres Essen zuzubereiten, nach dem ihnen beiden geluestete.
Anna war fast ein bisschen enttaeuscht. Seit sie fortgegangen waren, hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen, und sie sehnte sich nach ihm. Aber vorerst meldete sich ihr Magen mit lautem Knurren. Also kehrte sie zu ihrem Brot zurueck.
"Kann ich dir etwas helfen?" fragte er, und konnte trotz immenser Bemuehung den Blick nicht von der Anna abwenden. Kokett zwinkerte sie ihm zu und beugte sich ein wenig nach vorn, damit er ihr in die Bluse sehen konnte: „Mal sehen...nach dem Essen kannst du mir vielleicht wirklich sehr helfen!“
Thomas wurde ganz rot. Er hatte damit gerechnet, eher frueher als spaeter mit dieser Situation konfrontiert zu werden, und dass sie ein perfektes Liebesnest gefunden hatten, machte es unglaublich schwer. Verlegen wandte er sich ab und sah sich in ihrem neuen Versteck weiter um.
„Du koenntest dich aber tatsaechlich nuetzlich machen!“ rief seine Gefaehrtin ploetzlich eifrig, „Der Backofen steht draussen neben dem Haus, und unter dem koenntest du ein Feuer machen, sonst koennen wir den Teig roh essen!“
Er begab sich sogleich ins Freie, froh eine Aufgabe zu haben, die ihn ablenkte. An der Wand stapelten sich die Holzscheite, die der Inhaber des Hauses vorausschauend schon fuer den Winter gesammelt hatte. Thomas griff sich ein paar davon und stopfte sie in den Ofen. In einer kleinen Kiste, die mit Pech angestrichen war um den Regen abzuweisen, fand er trockenes Reisig, das zum Anfeuern diente. Es brauchte ein paar Versuche, bis endlich eine kleine Flamme loderte, die schnell groesser wurde.
Anna kam mit ihrem Brot aus dem Haus. Sie war immer noch voller Mehl und sah entzueckend aus. "Brennt das Feuer schon?" fragte sie froehlich und strich dann mit voller Absicht mit ihrem Koerper gegen seinen, verlieh der Bemerkung damit eine eindeutig zweideutige Note.
Ihm wurde heiss, und das nicht vom Feuer. Unter Raeuspern nahm er das Brot entgegen: "Ja, das tut es schon. Mein Gott habe ich einen Hunger! Ich werde mich aber vor dem Essen erstmal waschen!" Er legte den Laib in den Ofen und stob mit der Frage, ob sie bitte darauf aufpassen koenne, in Richtung See davon.
Anna sah seinem Abgang grinsend nach. "Gute Idee!" rief sie dann und lief ihn hinterher.
Hinter sich sah er Anna und dass sie ihn verfolgte. Oh weh! Wie schuettele ich sie nur ab, ohne sie vor den Kopf zu stossen?! dachte Thomas verzweifelt. Er hatte den Rand des Sees erreicht und kniete am Wasser nieder.
Unternehmungslustig kam Anna ihm hinterher: "Gehen wir schwimmen?"
Er tat extra so, als ueberlegte er lange und intensiv, dann meinte er: "Ich habe im Moment keine Lust dazu. Ausserdem ist mir das Wasser viel zu kalt!"
"Ach bist du langweilig!" Anna tauchte einen Fuss hinein und schuettelte den Kopf: "Du bist ja verrueckt, das Wasser ist wunderbar!" Sprachs und zog sich schon splitternackt aus.
Die Regung in seiner Hose kam so schnell wie er es gewohnt war, und er stoehnte kaum hoerbar auf. Wenn das noch lange so weiterging, wuerde er wie immer schwach werden.
"Komm doch bitte mit ins Wasser!" schmollte Anna, schlang die Arme um ihn und presste sich gegen ihn. Dabei tat sie so, als merke sie ueberhaupt nicht, dass sie keine Kleidung trug.
Thomas legte den Kopf nach hinten und seufzte, diesmal lauter. Dann entwand er sich ihrer Umarmung: "Ich gehe mal nach dem Brot schauen, nicht dass das noch verbrennt!"
Irritiert und ein wenig veraengstigt sah Anna ihm nach. Er machte fast den Eindruck, als ginge sie ihm auf die Nerven. Ob er mich jetzt doch nicht mehr haben will, eben weil er es kann? dachte sie furchtsam.
Aber das Gegenteil war der Fall! Jede Faser in seinem Koerper schrie auf, als er sich von ihr entfernte. Er fragte sich, ob es das wert war. Beinahe sekuendlich kamen die Zweifel und damit die Versuchung, kehrt zu machen und sich im Wasser auf seine geliebte Anna zu stuerzen. Das Backen verschaffte ihm nur einen Teil der benoetigten Ablenkung. Beinahe haette er sich die Finger verbrannt, weil er mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache war.
Anna wusch sich derweil im See, aber sie machte es kurz, weil sie wieder in Thomas’ Naehe sein wollte. Ihr Haar war noch nass, als sie zurueck zum Haus kam.
"Ich glaube, das Brot ist fertig!" stellte er erfreut fest und nickte ihr nur freundlich zu, machte keine Geste, sie zu beruehren.
Sie bekam es langsam wirklich mit der Angst zu tun. Warum war er nur so zurueckhaltend? "Lass mich mal sehen!" Sie schob ihn vom Ofen weg und warf einen pruefenden Blick hinein. "Ja, sieht gut aus!"
Vorsichtig benutzte er einen Schieber um das koestlich duftende Ding herauszuholen und trug es ins Haus. Er platzierte den Brotlaib auf dem Tisch und holte ein grosses Stueck Rauchfleisch dazu, das er mit dem Messer teilte: "Wollen wir draussen essen?" Er hatte keine grosse Lust, den Tisch zu decken und nachher abzuspuelen.
Anna nickte: "Ja, das klingt wunderbar!" Sie kramte noch in der Speisekammer, foerderte Kaese und sogar Wein zu Tage.
Thomas fand ein kleines Holztablett, das er Anna hinhielt, damit sie die Speisen drauflegte. Er wusste genau, dass er ueber sie herfallen wuerde, wenn er ihr in die Augen sah, also liess er es gleich bleiben und blickte stumm umher.
Sie wurde immer nervoeser, wusste einfach nicht, was los war. Vielleicht bereute er es schon, ihretwegen die gesicherte Zukunft aufgegeben zu haben, und plante, einfach zu seinem Vater zurueckzukehren und sie ihrem Schicksal zu ueberlassen.
Sie setzten sich draussen schweigend auf den Boden und begannen ihr Mahl. Die Stimmung war bedrueckt, weil er durch seinen Plan eine Distanz zwischen beiden geschaffen hatte, die keiner wollte. Und dann schielte er doch zu ihr, und seine Entschlossenheit broeckelte wie eine verfallene alte Mauer.
Anna schleckte sich gerade Fett vom Fleisch von den Fingern, und sie tat es sehr ausgiebig.
Die Erinnerungen an das, was sie mit ihrem Mund anstellen konnte, liessen den Wall nur noch schneller einstuerzen. Ich tu es fuer uns! wiederholte er immer wieder mantramaessig, aber langsam musste er einsehen, dass damit weder ihm noch Anna gedient war.
Sie bemerkte, dass er sie ansah, und laechelte ihm zu. Dann zeigte sie auf ihren Mundwinkel: "Du hast da was!"
Verwundert fragte er: "So? Wo hab ich was?"
"Da!" Sie beugte sich zu ihm vor, leckte kurz ueber seine Lippen, und gab ihm dann einen sengend heissen Kuss.
Oh wie schmolz er dahin wie Butter in der Sonne! Der Geschmack ihrer Lippen kam einem Festmahl gleich, und nur mit aesserster Disziplin wich er ihr kichernd aus: "Nicht doch, ich esse gerade!"
"Ich auch!" knurrte sie und sprang dann ploetzlich auf ihn wie eine Katze, stiess ihn nach hinten und zu Boden.
Ihm blutete das Herz, als er sie von sich wegdrueckte: "Nicht...ich...kann nicht..."
Ihm blutete das Herz, als er sie von sich wegdrueckte: "Nicht...ich...kann nicht..."
Anna war vollkommen verstoert. Sie kaempfte mit den Traenen: "Thomas...was ist denn...hab ich was falsch gemacht?"
"Es liegt nicht an dir!" bemuehte er sich sie zu ueberzeugen. "Ich...bin einfach noch nicht bereit..." Als er sich selbst hoerte, erkannte er, wie wenig Sinn das fuer sie machen musste.
"Na das faellt dir aber sehr ploetzlich ein!" stellte sie mutlos fest. Man sah ihr an, dass sie ihm nicht glaubte.
Nichts erwidernd, kaute er lustlos auf seiner Scheibe Brot. Wie konnte er es ihr nur verstaendlich machen, ohne etwas zu verraten? Es erschien aussichtslos!
Sie wischte sich die Haende ab und musterte ihn mit waidwundem Blick.
"Gehen wir besser rein, es wird langsam kuehl! Ich werde den Kamin anmachen." schlug er vor und stand schon auf.
Anna nickte und sammelte die Reste des Mahls ein.
Thomas ging um die Ecke und stand, mit einer Hand an der Wand abgestuetzt, neben den Scheiten. Unmoeglich, dass er noch laenger aushielt und er fragte sich, was schlimmer war: Nicht zaertlich zu ihr sein zu koennen, oder die Enttaeuschung auf ihrem Gesicht ablesen zu muessen. Mit mehreren Stuecken Holz unter dem Arm kehrte er nach drinnen zurueck.
Sie verstaute gerade die restlichen Speisen in der Kammer und drehte ihm kurz den Kopf zu, als er eintrat. Aber sie sagte nichts.
Seufzend begann er, am Kamin zu werkeln und hatte schneller als vorhin ein gemuetliches Feuerchen entfacht. Dann streckte er sich auf dem weichen Baerenfell aus und schloss die Augen.
Anna beschloss, nun zum Frontalangriff ueberzugehen. Wenn das nicht funktionierte, dann gar nichts! Sie setzte sich neben ihn und strich ihm zart durchs Haar, fragte mit weinerlicher Stimme: "Hast du mich nicht mehr lieb?"
Es schmerzte ihn wahrscheinlich genausosehr, die Worte zu hoeren, wie Anna, die sie aussprach. Thomas richtete sich auf und sah ihr voller Liebe in die gruenen Augen: "Ich liebe dich mehr als mein eigenes Leben!"
"Warum bist du dann so abweisend?" Sie schob die Unterlippe vor und machte grosse Welpenaugen.
"Weil ich warten wollte, bis..." fluesterte er, und statt den Satz zu vollenden, ging er vor ihr auf die Knie und ergriff sanft ihre Hand. Das Feuer knisterte im Hintergrund, doch nicht so sehr wie in seinem Herzen, als er mit feierlicher Stimme die Frage stellte, die ihm seit so langer Zeit auf den Lippen brannte: "Anna, willst du mich heiraten?"